Frauen bei den „Identitären“: Anti-Feminismus präsentiert als rechter Feminismus

Das Männerbild der „Identitären Bewegung“ ist in ihrer Propaganda sofort erkennbar: „Identitäre“ Männer seien gut aussehende Elite-Soldaten ergänzt um die zumindest oberflächige Kenntnis rechter Philosophie. Dieses rückschrittliche, dem nationalsozialistischen Rollenbild des Mannes entsprechende Konzept braucht allerdings ein ebenso striktes weibliches Gegenstück, um funktionieren zu können. Diese Abhängigkeit existiert doppelt: Der kämpfende Mann kann nicht ohne sorgende Frau existieren. Und die „Identitäre Bewegung“ muss auch Frauen eine Rolle in ihrem Aktivismus einräumen, um populär zu sein. Einige Anhaltspunkte, wie die Frauenpolitik der rechtsextremen „Identitären“ funktioniert:

Die Idee der Frau als hörige umsorgende Mutter, wie sich rechte Bewegungen seit jeher propagieren, lebt auch bei der „Identitären Bewegung“ fort. Als frisch, neu oder hip lässt sich dieses durch den Feminismus ins wanken geratene Konzept allerdings nicht verkaufen. Im Sinne des revolutionären Gehabes der „Identitären“ wird dem erzkonservativen Frauenbild also ein reißerisches, widerständiges Element hinzugedichtet: Es sei geradezu revolutionär, sich gegen den Feminismus zu stellen und als Frau wieder ein extrem konservatives Frauenbild zu vertreten. Diese widersprüchliche Idee lässt sich vielleicht so umschreiben: Anti-Feminismus wird von rechten Frauen als neuer Feminismus der Patriotinnen verkauft.

Die nötige Coolness erlangt der „identitäre“ Anti-Feminismus durch Instagram-Posing, Memes und eine objektivierende Erotik. Bis heute kämpfen politische Aktivistinnen* als solche ernst genommen zu werden – und gegen eine Wahrnehmung als Sexobjekte, die nervig aufbegehren. Die „identitären“ Girls eignen sich diese Form der Unterdrückung nun positiv an und präsentieren sie als angeblich skandalöse Politik:

idi-blowjob

In diesem exemplarischen Instagram-Posting schwingt eine falsche Behauptung mit: Dass linker Aktivismus die sexuelle Freiheit insbesondere von Frauen* einschränken würde bzw. bestimmte Sexualpraktiken verbiete. Deshalb müssten all diejenigen, die eben jene Praktiken ausüben wollen, „die Antifa“ einfach hassen. Wie bereits besprochen ist diese Behauptung eine falsche Darstellung linken Feminismus. Dieser nämlich kämpft für die sexuelle Befreiung aller Menschen und die Enttabuisierung von Sex(praktiken) – solange diese einvernehmlich und in ihrer gesellschaftlichen Wirkung auch tatsächlich befreiend sind.

Befreiend oder vielfältig ist die Bildsprache des „identitären“ Postings nicht: Frauen-Aktivismus scheint bei den „Identitären“ vor allem in sexueller Verfügbarkeit für den Mann zu bestehen, dem sich die Frau natürlich liebend gern hingibt. Homosexualität und Körper abseits eines strikten Schönheitsideals sind untersagt.

Postings dieser Art richten sich deshalb auch – wenn nicht sogar verstärkt – an Männer: Ihnen werden schöne Partnerinnen versprochen, an denen sie ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen können.

Ein weiteres Beispiel hierfür lieferte jüngst IBÖ-Cheffigur Martin Sellner:

idis-redhead

Weitere Beiträge:

31-03-2016: Die neuen rechten Mädels nutzen das Netz (jetzt.de)

Was alle Gruppen eint: Bestimmte Werte wie Familie, kulturelles Erbe und Heimat. Die Rolle der Frau als Mutter, die eine Ideologie aktiv an ihre Kinder weitergibt, unterstützen alle Ausprägungen. Die nächste Stufe der ideologischen Agitation ist laut Simone Rafael dann logischerweise offline: die von Frauen oft sehr subtil ausgeübte Arbeit an der Basis.

 

Das Netzwerk der neuen Rechten: „Identitäre“, Russland, rechte Presse, Geld

Die Ortsgruppen der „Identitäre Bewegung“ (IB) haben geringe Mitgliedszahlen und zu Veranstaltungen erscheinen oft nicht mehr als 100 Menschen. Der tatsächliche Einfluss der Rechtsextremen erscheint deshalb zunächst gering. Doch die politische Arbeit der „Identitären“ ist nicht auf große Straßenpräsenz angewiesen! Die Rechtsextremen sind nämlich gute NetzwerkerInnen und pflegen intensive Kontakte zu anderen rechten Bewegungen.

Im österreichischen Standard sind zwei Recherche-Artikel erschienen, welche das Netzwerk zwischen IB und zahlreichen anderen AkteurInnen beleuchtet. Diese Erkenntnisse sind dem Journalisten Fabian Schmid (@fabian_schmid). Darunter rechtsextreme Parteien und Organisationen in Deutschland und ganz Europa, rechtspopulistische Presse, Einzelpersonen und Institutionen mit engen Kontakt zur russischen Regierung. Neben den Artikeln gibt es eine grobe Übersicht zu den Knotenpunkten dieses Netzwerks.

Das kann die Lektüre der Artikel nicht ersetzen! Zudem ist die Informationslage insgesamt recht dünn.

Wir freue uns über jeden Beitrag zum Thema! -> @no_idis (Twitter)

30.07.2016: Russisch-rechtes Rendevouz in Wien (der-standard print, noch nicht online) NOCH NICHT HIER BEHANDELT!

10-06-2016: Identitäre Grüße aus Moskau: Rechtsextreme Allianz mit dem Osten (der-standard)

ProtagonistInnen:

  • „Identitäre Bewegung (Österreich)“ (IB(Ö))
    • rechtsextreme Gruppen mit rassistischen, sexistischen, nationalistischen und antisemitischen Programm. Europaweite Vernetzung, Kontakte nach Russland.
  • Jurij Kofner:
    • arbeitet für ZfKZ, veröffentlicht bei Compact. Interviewte IBÖ-Führungsfigur Martin Sellner. Wichtiger Netzwerker. Kontakt zu russischen Außenminister Sergej Lawrow und Ex-Kanzler Wolfgang Schüsse. Fotos mit Kampfmontur und schweren Waffen.
    • kofner-waffe
    • Link zum Tweet
  • Igor Belov
    • Russischer Journalist, arbeitet für Sputnik in Wien, ehemailger Obmann des Suworow-Instituts,
  • Maximilian Dvorak-Stocker
    • Mitglied der „Identitären Bewegung Österreich“ (IBÖ), im Vorstand des (ZfKZ). Sein Vater ist über Verlag & Tochterfirma an unzensuriert.at beteiligt.
  • Alexander Markovic
    • Leiter der IG Theorie der IB Deutschland, hielt Vortrag vor Mitgliedern des ZfKZ. Interview mit Alexander Dugin (faschistischer Publizist) für die Webseite der „Identitären“.
  • Alexander Dugin
    • rechtsextremer russischer Publizist, seine Bücher werden begeistert von der „Identitären Bewegung“ rezipiert, Alexander Markovic zeigt besonderes Interesse
  • RT (Russia Today)
    • Interview mit der „Identitärer Bewegung“ ohne kritischen Kommentar zur rechtsextremen Ausrichtung (RT Play auf Fb). Auftritt von Alexander Markovics (ehemaliger Chef IB Deutschland) zur Bundespräsidentschaftswahl 2016.
  • Sputnik
    • Nachrichten mit pro-russischer Ausrichtung
    • Interview von Patrick Poppel durch Igor Belov, gemeinsame Verbindung zum Suworow-Institut wird nicht deutlich gemacht
  • Gloria TV
    • religiösfundamentalistische Video-Plattform. Veröffentlicht Interviews von Patrick Poppel (Sprecher Suworow-Institut), auch Interview mit Ex-Identitären-Chef Obmann.
  • RT, sputnik, unzensuriert.at (FPÖ-nah), Compact, Fb-Seiten von Pegida
    • Netzwerk an Medienportalen mit ähnlicher rechter, verschwörungstheoretischer nationalistischer Stoßrichtung
    • Arbeit von FPÖ Parlamentariern bei unzensuriert.at
    • Compact wird geleitet von Jürgen Elsässer, hostet jährliche rechtsextreme Konferenz, auch FPÖ PolitikerInnen zu Gast.
  • Suworow-Institut
    • Bernhard Weidinger (DÖW): „Die Einrichtung verfolgt eine nationalistische, antiliberale und antiwestliche Agenda und trifft sich mit der hiesigen extremen Rechten.“
    • Verbreitung rechtsextremer Botschaften
    • Kontakte zu Thinktank des russischen Außenministeriums
  • Patrick Poppel
    • Sprecher des Suworow-Institut
    • Interviews von ihm erscheinen beim fundamentalistischen Sender Gloria TV
    • Fan des russisch-nationalistischen Motorrad-Clubs „Nachtwölfe“
    • ehemaliger Obmann der FPÖ- und BZÖ nahen Partei Rekos
    • organiserte zusammen mit Kofner eine Veranstaltung in Moskau
  • Johann Gudenus
    • Wiener Vizebürgermeister, FPÖ, Verbindungen zum Suworow-Institut, 2012 Teilnahme mit H.C. Strache an „geheimen großrussischem Treffen“ zusammen mit Alexander Dugin
  • Christian Macheck
    • ehemaliges Vorstandsmitglied des Suworow-Institut, Publizist u.a. auch FPÖ-Medien
  • Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit (ZfKZ):
    • Organisation mit Verbindungen nach Russland und zu Rechtsextremen in ganz Europa. Darunter KGB-Agenten, Neonazis, faschistische Publizisten wie der „SS-Bewunderer“ Alexander Dugin und Putin-Vertraute wie Wladimir Jakunin
  • einprozent.de
    • rechtsextremes Portal mit starker Bindung an die „Identitäre Bewegung“, das bereits Beträge im fünfstelligen Bereich an die IBÖ gespendet hat.
  • Russische Regierung
    • mindestens ideologische Unterstützung zahlreicher rechtsextremer Gruppen, Organisationen und Parteien in Europa; finanzielle Unterstützung (auch für„Identitäre“) vermutet, Millionenkredite russischer Banken an AfD, Verbindung zum ZfKZ.
  • Alternative für Deutschland (AfD)
    • rechtspopulistische bis rechtsextreme Partei in Deutschland. Kontakte zu IB, zu Neo-Nazis, Burschenschaften, Pegida, rechten Medien, anderen rechtsextremen Parteien. Zusammenarbeit mit Thinktank RIAC welcher vom russischen Außen- und Bildungsministerium betrieben wird.

27-07-2016 Kundgebung der „Identitären Bewegung“ im 7. Bezirk

Um 19:00 Uhr rief die „Identitäre Bewegung Österreich“ zu einer rechtsextremen Kundgebung am Christian-Broda-Platz im 7. Wiener Gemeindebezirk auf. Ursprünglich sollte die Versammlung vor dem Haus der Grünen in der Lindengasse stattfinden, in dessen Nachbarschaft sich auch eine Flüchtlingsunterkunft befindet. Dies wurde von der Polizei aber nicht genehmigt.

Antifa-Gruppen sowie die GRAS (Grüne Hochschüler_innenschaft) riefen zum Protest gegen die Rechtsextremen auf. Es versammelten sich ca. 70-100 Rechtsextreme sowie ca. 300-400 antifaschistische Aktivist_innen. Die Kundgebung der „Identitären Bewegung“ war weitläufig abgesperrt, es kam zu wenig Kontakt zwischen den Versammlungen. Auch im Nachhinein blieb es ruhig, obwohl die Rechtsextremen dazu aufgerufen hatten, noch gegen das Haus der Grünen aktiv zu werden.

27-07-2016 GRAS Wien/Hebein: Erfolgreicher Protest gegen rechtsextreme Kundgebung (Presse-Aussendung)

Bedenklich ist die Positionierung der Polizei Wien gegenüber den Rechtsextremen. Man wird den Eindruck nicht los, dass sie den „identitären“ Willen anstatt der Rechtsstaatlichkeit durchsetzen wollen:

1) Journalist_innen wurden teils des öffentlichen Platzes verwiesen und konnten nicht von der Pressefreiheit gebrauch machen. Die Rechtsextremen konnten sich ihre Presse aussuchen und dieses Anliegen von der Polizei durchsetzen lassen.

Dazu: 28-07-2016 Presse-Aussendung des österreichischen Presse-Clubs

Postings von Journalist_innen:

journo-blockiert-02

journo-blockiert

2) Ein neonazistischer Hooligan griff einen linken Aktivisten an, Polizisten standen direkt daneben. Als ein Augenzeuge (Europa-Parlamentarier Michael Reimon) den Täter festhielt und Anzeige erstatten wollte, wurde ihm dies von der Polizei verwehrt. Vielmehr sah sich der Helfer mit Gewalt konfrontiert. Eine genaue Schilderung gibt es auf Facebook.

idi-angreifer

idi-angreifer-02

Vorgeschobener Anlass für die rechtsextreme Kundgebung war das Gedenken an die Terror-Opfer der vergangenen Wochen. Eigentlich ging es den „Identitären“ darum, die schreckliche Gewalt für rassistische Hetze zu nutzen. Als Täter_innen wurden gar geflüchtete Personen, Migrant_innen und „Multikulti“-Bürger_innen angeklagt. Die Reden von bekannten Mitgliedern der „Identitären“ waren kaum hörbar und es fehlte ihnen jegliches Publikum.

27-07-2016 Bilder von der Kundgebung hat Nathan Spasic gemacht.
27-07-2016 Der Standard berichtet per Artikel und Video.

„Identitäre“ Chef-Figur Martin Sellner hielt eine Rede auf der Kundgebung und scheint sich wahnhaft in seinen Aktivismus hineinzusteigern. In Anbetracht von Kriegserklärungen auf twitter wird Sellner zunehmend extremer. Die behauptete gemäßigte Gewaltfreiheit bei der „Identitären Bewegung“ ist längst pasé, wirklich gegeben hat sie es eh nie.

sellner-militant