Was der Aufmarsch der „Identitären“ in Berlin über ihren Status quo aussagt

Die „Identitäre Beweugung“ will Samstag den 17.06. mit einer Großdemonstration durch Berlin ziehen (näheres findet ihr in unserem Zeitstrahl). Es ist das erste größere Event seit der Großdemonstration letztes Jahr am 11.06. in Wien. Anlässlich des Versuches von neofaschistischen „Identitären“-Gruppen, sich in Berlin erneut als Massenbewegung zu inszenieren, haben verschiedene Aktivist_innen und Journalist_innen kritisch zum Status quo der Bewegung geschrieben. In diesem Beitrag sollen die Beiträge vorgestellt und ein kurzes Fazit gegeben werden.

Was ist zwischen Wien 2016 und Berlin 2017 bei den Rechtsextremen der IB passiert? Es gab verschiedene Aktionsformen, die typisch für diese Gruppierungen sind: Aufhängen von Bannern, Rumsitzen vor einem irgendwie historisch aufgeladenen Ort (Justizministerium Berlin), gescheiterte Störaktionen, Hetzpostings auf Facebook, Gewalttaten von Einzelpersonen und Spendenaufrufe.

Ein neues Level der Radikalisierung stellt das Vorhaben dar, Rettungsboote von NGOs in Mittelmeer bei ihrer lebenswichtigen Aufgabe zu blockieren. Der erste Versuch mit einem Schlauchboot zu stören, war glücklicherweise von kurzer Dauer und stümperhaft. Jetzt gab es einen großen Spendenaufruf um 50.000€ zur Finanzierung weiterer Aktionen, wobei das PayPal-Konto der „Identitären“ gesperrt wurde – die Finanzierung läuft nun auf einer eigenen Plattform weiter.

Aus dem Zeitraum von einem Jahr rechtsextremer Aktivität durch die „Identitäre Bewegung“ ergeben sich einige Erkenntnisse, die von den angehängten Artikeln geteilt werden: Die IB funktioniert vor allem als Kaderorganisation weniger gut vernetzter AktivistInnen, die für alle wichtigeren Aktionen in AT und DE herangekarrt werden. Das Auftreiben von Geldmitteln und die finanzielle Unterstützung einiger weniger Einzelpersonen sind große Anliegen der IB. Der Mythos einer breiten Bewegung ist völliger Blödsinn, wobei der Einfluss der NeofaschistInnen insbesondere in ländlichen Regionen, wie z.B. der Steiermark, nicht unterschätzt werden darf. In Deutschland ist der Kreis um „Kontrakultur Halle“ besonders aktiv. Und die „Identitäre Bewegung“ ist eine Netzwerkorganisation, die mit zahlreichen alten und neueren rechten Gruppen und Parteien in Beziehung steht. Die Überschneidungen zwischen der IB und der „Jungen Alternative“ bzw. der AfD sind groß, zum Aufmarsch in Berlin ruft auch die NPD auf.

Erwähnenswerte Artikel der letzten Tage zum Status quo der „Identitären“:

Über die Identitäre Bewegung – Mensch Merz im Interview (Ramba Zamba)

Obwohl sowohl „FPÖ“, als auch „AfD“ immer wieder mit durchaus gemischten Statements Stellung zu den verschiedenen „identitären“ Gruppen nehmen, sind die Verbindungen, personellen Überschneidungen und Netzwerke wohl unübersehbar.

Nach dem Hype – Zur aktuellen Lage der „Identitären“ in Österreich (Recherche Wien)

In den letzten Wochen und Monaten könnte man den Eindruck gewonnen haben, dass es bei den „Identitären“ derzeit nicht so läuft.

Antifaschismus wirkt! Über das Ausbleiben des Aufmarsches der sogenannten Identitären in Wien. (Autonome Antifa [W])

Drei Jahre in Folge veranstaltete die neofaschistischen „Identitäre Bewegung“ jeweils im Frühjahr unter internationaler Beteiligung Aufmärsche in Wien. […] Heuer wird dieser Naziaufmarsch nicht mehr in der Stadt stattfinden, die „Identitären“ weichen nach Deutschland aus

Keine Überraschung, sondern in der Tradition des Faschismus (Zeit Online)

Die Identitären unterscheiden sich nicht von anderen Völkischen in der Geschichte. Sie sind bemüht, Tradition und Kultur des deutschen Volkes zu stiften, die es so nicht gibt.

Abgrenzen? Von wegen (Zeit Online)

Die AfD will nichts mit der rechtsextremen Identitären Bewegung zu tun haben. Das behaupten Parteifunktionäre bei jeder Gelegenheit. Aber es stimmt nicht.

Kommentar: Warum die „Neuen Rechten“ im ORF eigentlich RassistInnen sind.

Die Führungsfiguren der neofaschistischen „Identitären Bewegung“ (IB) haben im öffentlich-rechtlichen Sender ORF immer wieder Auftritte. Jüngst durfte der Wortführer Martin Sellner bei Am Schauplatz ausführlich von seinen „identitären“ Projekten berichten, während seine bekannteste weibliche Kameradin Alina Wychera bei DOK.eins zu ihrem „identitären“ Heimatbegriff befragt wurde. Eine Verherrlichung der rechtsextremen AktivistInnen soll dabei eher nicht stattfinden. Vielmehr herrscht eine gewisse Faszination gegenüber der selbsternannten „Neuen Rechten“, die sich gerade in einer Aufwärtsspirale der medialen Aufmerksamkeit befindet. Insbesondere bei der politischen Einschätzung der Selbstbeschreibung „Neue Rechte“ und „neu-rechter“ Akteur_innen herrscht offensichtlich eine gewisse Ratlosigkeit, der man mit den eigenen Formaten entgegenwirken will. Allerdings scheitert dieses Vorhaben, weil das rassistische und rechtsextreme Denken der „Identitären“ dabei nie ganz klar wird. Dieser Text soll nun die Sendungen des ORF klarstellen und aufzeigen, wieso die „Identitäre Bewegung“ rassistisch ist.

Das Problem im medialen Umgang mit den „Identitären“ ist schnell beschrieben: Die AktivistInnen sind vorbereitet und nehmen die medienwirksamen Gesprächsangebote gerne an, um auswendig gelernte Banalitäten herunterzubeten. Sie präsentieren sich von ihrer Schokoladenseite. Und dennoch: Insbesondere bei Fragen zum wichtigsten „identitären“ Anliegen, der Heimat, wirken die Antworten ausweichend und wirr. Leider wird dieses Schuldig-Bleiben aber eher zu Gunsten der „Identitären“ ausgelegt: Es seien eben nur ein paar rebellierende Spießer, die man nicht ernst nehmen müsse. Sie seien insgesamt harmlos, auch wenn sie auf Demos hetzerische Parolen brüllen. Hinter dem Gestammel bezüglich der Heimat steht aber eine gefährliche rassistische Ideologie, die nur deswegen nicht gerade herauskommt, weil das viele Schaulustige und potentielle Unterstützer_innen verschrecken würde.

In den Fernsehauftritten einzelner „Identitärer“ wird offensichtlich, dass es für sie unmöglich ist, klare Kriterien für eine „ethno-kulturelle“ Zugehörigkeit – wie es Wychera nannte – zu formulieren. Selbst wenn diese existieren würden, bedeutet dies nicht, dass diese Kategorien dann richtig und unproblematisch wären. Allerdings enttarnt die Ermangelung irgendwelcher Kriterien das Pochen der Identitären auf die Herkunft als rassistische Willkür, für die aber scheinbar niemand der Aktivist_innen die Verantwortung übernehmen will. Es ist geradezu paradox: Die „Identitären“ wollen Bescheid darüber wissen, wo tausende Flüchtlinge beheimatet sind, machen aber bei jeder direkten Konfrontation vor der Kamera einen Rückzieher. So sagt weder Sellner bei Am Schauplatz zu den souveränen Flüchtlingen aus Syrien, dass sie sich verpissen sollen; noch Wychera zum Journalist Hanno Settele, dass er dorthin zurückkehren soll, wo sein Pass ausgestellt wurde (Deutschland). Immer heißt es: Du bist eh hier daham, aber es gibt andere, die sind nur Parasiten.

Nun, es ist weit weniger paradox, als es sich anhört: Vor der Kamera und gerade im Kontrast zu dem hetzerischen Gebrülle auf „identitären“ Demos wollen die AktivistInnen möglichst zahm und herzig erscheinen. Sie würden es nicht böse meinen. Dass sie es aber durchaus böse meinen, wäre umso klarer, wenn sie eindeutige Maßstäbe für die Herkunft festsetzen würden. Dass diese so sympathisch wirkenden Männer zum Krieg nach Syrien zurückkehren sollen oder der Mitarbeiter des ORF seinen Lebensentwurf aufgeben muss, klingt brutal – und ist es auch. Deshalb wird sich weder auf Staatszugehörigkeit, „Recht des Blutes“ oder Scholle berufen. Die Kenntnis von Tradition und Brauchtum (whatever that means) scheint nicht ausreichend zu sein, auch nicht die Sprachbeherrschung. Wieder muss betont werden, dass das Berufen auf die genannten Aspekte nicht unbedingt besser wäre, weil daraus bereits eine rassistische und/oder nationalistische Argumentation folgen kann. Aber zumindest gäbe es Kategorien, *gegen* die man argumentieren kann. Bei den „Identitären“ erscheint „ethno-kulturelle Zugehörigkeit“ aber dermaßen metaphysisch, dass man leicht vergisst, welches Ausschlussverfahren dahinter steht: Das rassistischte überhaupt.

Ausländaz, Volksverräter und Parasiten sind für die „Identitären“ all diejenigen, welche ihnen fremd erscheinen und keine potentiellen Verbündeten sind. Anhand von seit jeher rassistischen Kategorien teilen sie ihre Feinde in verschiedene Gruppen ein, wobei sie diese Konstrukte dann Ethnien/Völker/Kulturen nennen. Entscheidend ist hierbei eben die willkürliche Fremdbezeichnung, Kollektivierung und Diskriminierung von Menschen. Daraus folgt die Konstruktion von Ethnien und Kulturkreisen, die als rein und gleichförmig gedacht werden. Scheinbar entschärft wird diese allzu bekannte Denkbewegung lediglich durch das komplett hinfällige Zugeständnis, dass die Ethnien machen dürfen, was sie wollen – solange sie es in „Afrika“ oder „dort wo sie herkommen“ (whatever that means) machen.

Hier zeigt sich der völkische Ethnopluralismus der „Identitären Bewegung“. Anders als beim klassischen Rassismus wird „das Fremde“ nicht immer als minderwertig angesehen, sondern manchmal als “Vielfalt der Kulturen“ gepriesen (z.B. „das stolze ungarische Volk“). Das gilt aber nur solange „die Fremden“ eben dort bleiben, wo sie ihren angestammten Platz haben und nicht „unser österreichisches Volk“ unterwandern. Wer in solchen Formulierungen kein rassistisches und tödliches Anliegen vermutet, der sei daran erinnert, dass Flüchtlinge vor Krieg, Armut und Gewalt fliehen. Offensichtlich hatten Refugees keine Möglichkeit, sich an ihrem früheren Wohnort zu verwirklichen.

Zu keinem Zeitpunkt also agieren die NeofaschistInnen mit Kategorien, auf die man sie auch nur irgendwie einlassen sollte. Es ist kontraproduktiv und schädlich, sich auf scheinbar rationale Kriterien der Heimat zu berufen und einzufordern, dass sie diese doch akzeptieren oder ablehnen müssen. Denn weder einen deutschen Pass, noch die Aufenthaltsgenehmigung, noch den Spracherwerb werden sie für sich genommen als relevant erachten. Vielmehr wird es ein metaphysisches Empfinden und krudes Gefasel sein, das sie versichern lässt: Dich finden wir eh okay, aber die zwei Jugendlichen beim Tratschen auf der Parkbank dort drüben, das sind Parasiten.

20-10-16: Rechtsextremist Martin Sellner zu Gast bei Servus TV

Bei Talk im Hangar-7 sollte beim Privatsender Servus TV am 20.10. in durchaus wichtiges Thema besprochen werden: Die hohe Radikalisierungsrate sowie die Ablehnung zentraler Bürger_innenrechte unter Jugendlichen. Es ging dabei um eine bestimmte Gruppe junger Leute, nämlich um sozial schlecht gestellte Muslim_innen. Deren Einstellungen wurden un der neu erschienenen Studie Jugendliche in der offenen Jugendarbeit beforscht, einen Überblick der Ergebnisse gibt es auf derstandard.at. Zu Gast bei Moderator Michael Fleischhacker sollten vier Experten sein, um die Studie angemessen zu besprechen. Besonders in Bezug auf radikale gewaltbereite Jugendgruppen war ein Gast tatsächlich sehr kundig: Martin Sellner, der Chef-Figur und Vorzeige-Sprecher der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) ist, die rassistische Hetze btreibt und auch gerne mal zuschlägt.

bildschirmfoto-2016-10-23-um-23-11-10

Zu Recht gab es viele kritische Stimmen, welche die Einladung eines Rechtsextremen zu einer Expertenrunde mit dem Thema Islam und Integration skandalisierten. Letztlich sagten alle Gäste bis auf Sellner und Efgani Dönmez (Ex-Bundesrat Grüne) ab. Ursprünglich geladen waren noch der Autor der Studie, Kenan Güngör, Ramazan Demir (Imam) und Winfried Moser (Jugendforscher) (Quelle: derstandard.at). Ihre Begründung für die Absage: Mit einem Rassisten gibt es nicht zu diskutieren, auch fürchtete Güngör die Instrumentalisierung der Studie für rechte Politik. Dennoch fand die Talkrunde statt, während der Ausstrahlung kamen noch Johannes Voggenhuber (ehemaliger EU-Parlamentarier Grüne) und Andreas Unterberger (Journalist) dazu. Das Thema wurde Angesichts der zahlreichen protestierenden Stimmen weitesgehend abgeändert: „Darf man Rechtsextreme einladen und mit ihnen auf Sendung diskutieren?“ (Quelle: Youtube-Aufzeichnung) Nun, wir find das zumindest entschieden falsch und halten das Vorgehen von Servus TV für skandalös. Einige Argumente & Stimmen hierzu folgen.

Skandalös an dieser Talkshow war zweierlei: Zum einen wurde mit Martin Sellner die Führungsfigur einer rechtsextremen Gruppierung als begrüßenswerter Diskussionspartner geladen. Das ist für uns inakzeptabel, da es mit Sellner nichts zu diskutieren gibt: Weder seine rassistische Hetze, noch seine autoritären antidemokratischen Positionen, noch die extremen Aktionsformen seiner Gruppierung bis hin zu Gewalt gegen Flüchtlinge. Die von Sellner vertretene Politik ist nicht mehr Teil einer demokratischen Gesellschaft, die dem Schutz von Minderheiten und der Gleichberechtigung verpflichtet ist. Deshalb ist es von einem Medium wie Servus TV falsch, die von Sellner ausgehende Hetze als eine legitime Meinung unter vielen auf dem Podium zu besprechen. Oder will man dem Rassisten teilweise rechtgeben?

bildschirmfoto-2016-10-23-um-23-10-43

Zum anderen ist es absurd, einen gewaltaffinen Rechtsextremen über Prävention von Radikalisierung sprechen zu lassen. Denn Ziel Sellners und der IBÖ ist es ja gerade, vor allem Jugendliche und junge Erwachsene rechtsextrem zu radikalisieren. Das wichtigste ihrer Feindbilder sind dabei junge Muslim_innen, denen pauschal religiöser Fanatismus unterstellt wird. Besser hätte man der rechten Hetze also nicht in die Hände spielen können: Die rechtsextreme Führer-Figur darf als scheinbar gemäßigter Diskussionsgast über Muslim_innen herziehen – die für ihn natürlich in jedem Fall eine Plage und Gefahr darstellen.

Einsicht zeigten die Verantwortlichen bei Servus TV keineswegs. Vielmehr inszeniert man sich als umbequem, objektiv und kritisch. Die rassistischen Inhalte Sellners erscheinen Servus TV tatsächlich als diskussionswürdige Inhalte, die reichlich Redezeit verdienten. Selbiges betonte Ferdinand Wegscheider im gleichnamigen Format stellvertretend für den Sender, wobei das Vokabular („Linkslinke“, „linke Meinungsdiktatur“) an FPÖ-nahe Seiten wie unszensuriert.at erinnert (Quelle: Servus TV Mediathek). Die übrigen Gäste auf dem Podium unterstützten diesen Gestus und stilisierten sich selbst als mutige Kämpfer im Ring: Menschen, die Rechtsextremen keine öffentliche Bühne geben wollen, seien schlichtweg „Weicheier“. Der Glücklichste im Bunde bleibt aber Martin Sellner, denn noch nie hat sich eine ganze Talkshow nur mit den Inhalten seiner rechtsextremen Bewegung auseinandergesetzt. Die Aufzeichnung der Sendung erscheint der Identitären Bewegung Österreich als Werbevideo.

Falls sich Servus TV nun eine Woche nach der Sendung fragt, ob es mal wieder einen Rechtsextremen zu irgendeinem Thema braucht, so hat Lisa Mayr eine Antwort darauf (Quelle: derstandard.at):

Einen Rechtsextremen im Fernsehen braucht man eigentlich nur, wenn man die Quote wichtiger findet als das Thema selbst, was bedeutet, dass einem das Thema im Grunde eher wurscht ist.

bildschirmfoto-2016-10-23-um-23-10-24

Unser Vorgehen bleibt hingegen: Wir reden so kritisch wie möglich über Rechtsextremismus, aber wir reden nicht mit den Rechtsextremisten.

 

 

 

Frauen bei den „Identitären“: Anti-Feminismus präsentiert als rechter Feminismus

Das Männerbild der „Identitären Bewegung“ ist in ihrer Propaganda sofort erkennbar: „Identitäre“ Männer seien gut aussehende Elite-Soldaten ergänzt um die zumindest oberflächige Kenntnis rechter Philosophie. Dieses rückschrittliche, dem nationalsozialistischen Rollenbild des Mannes entsprechende Konzept braucht allerdings ein ebenso striktes weibliches Gegenstück, um funktionieren zu können. Diese Abhängigkeit existiert doppelt: Der kämpfende Mann kann nicht ohne sorgende Frau existieren. Und die „Identitäre Bewegung“ muss auch Frauen eine Rolle in ihrem Aktivismus einräumen, um populär zu sein. Einige Anhaltspunkte, wie die Frauenpolitik der rechtsextremen „Identitären“ funktioniert:

Die Idee der Frau als hörige umsorgende Mutter, wie sich rechte Bewegungen seit jeher propagieren, lebt auch bei der „Identitären Bewegung“ fort. Als frisch, neu oder hip lässt sich dieses durch den Feminismus ins wanken geratene Konzept allerdings nicht verkaufen. Im Sinne des revolutionären Gehabes der „Identitären“ wird dem erzkonservativen Frauenbild also ein reißerisches, widerständiges Element hinzugedichtet: Es sei geradezu revolutionär, sich gegen den Feminismus zu stellen und als Frau wieder ein extrem konservatives Frauenbild zu vertreten. Diese widersprüchliche Idee lässt sich vielleicht so umschreiben: Anti-Feminismus wird von rechten Frauen als neuer Feminismus der Patriotinnen verkauft.

Die nötige Coolness erlangt der „identitäre“ Anti-Feminismus durch Instagram-Posing, Memes und eine objektivierende Erotik. Bis heute kämpfen politische Aktivistinnen* als solche ernst genommen zu werden – und gegen eine Wahrnehmung als Sexobjekte, die nervig aufbegehren. Die „identitären“ Girls eignen sich diese Form der Unterdrückung nun positiv an und präsentieren sie als angeblich skandalöse Politik:

idi-blowjob

In diesem exemplarischen Instagram-Posting schwingt eine falsche Behauptung mit: Dass linker Aktivismus die sexuelle Freiheit insbesondere von Frauen* einschränken würde bzw. bestimmte Sexualpraktiken verbiete. Deshalb müssten all diejenigen, die eben jene Praktiken ausüben wollen, „die Antifa“ einfach hassen. Wie bereits besprochen ist diese Behauptung eine falsche Darstellung linken Feminismus. Dieser nämlich kämpft für die sexuelle Befreiung aller Menschen und die Enttabuisierung von Sex(praktiken) – solange diese einvernehmlich und in ihrer gesellschaftlichen Wirkung auch tatsächlich befreiend sind.

Befreiend oder vielfältig ist die Bildsprache des „identitären“ Postings nicht: Frauen-Aktivismus scheint bei den „Identitären“ vor allem in sexueller Verfügbarkeit für den Mann zu bestehen, dem sich die Frau natürlich liebend gern hingibt. Homosexualität und Körper abseits eines strikten Schönheitsideals sind untersagt.

Postings dieser Art richten sich deshalb auch – wenn nicht sogar verstärkt – an Männer: Ihnen werden schöne Partnerinnen versprochen, an denen sie ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen können.

Ein weiteres Beispiel hierfür lieferte jüngst IBÖ-Cheffigur Martin Sellner:

idis-redhead

Weitere Beiträge:

31-03-2016: Die neuen rechten Mädels nutzen das Netz (jetzt.de)

Was alle Gruppen eint: Bestimmte Werte wie Familie, kulturelles Erbe und Heimat. Die Rolle der Frau als Mutter, die eine Ideologie aktiv an ihre Kinder weitergibt, unterstützen alle Ausprägungen. Die nächste Stufe der ideologischen Agitation ist laut Simone Rafael dann logischerweise offline: die von Frauen oft sehr subtil ausgeübte Arbeit an der Basis.